24 Stunden


24 bunte Stunden mit...

...Paul
Meine Lieblingsspeise: Kroketten & Fischstäbchen, Vanilleeis & Sahne, Brotsuppe, Nudelsuppe, Schweinsmedaillon, Fritattensuppe…
Mein Traumberuf: Tierarzt oder Friseur (schneide mir die Haare selber)
Meine Hobbies: Schwimmen, danach Popcorn und Zuckerkügele, Fahrrad fahren
Meine Lieblingssendung: Menschen, Tiere & Doktoren, Die wilden Kerle 4…
Mein größter Wunsch: Ins Kino gehen!

Die Diagnose:
Kurzdarmsyndrom: zu wenig Abwehrstoffe, permanent dünner Stuhlgang, ständige Einnahme von Antibiotika. Meine größte Erwartung: die bevorstehende Operation in Giessen(D): Durch eine Darmverlängerung kann die Antibiotika-Dosis reduziert werden. Termin: Vor Schulbeginn, also ganz bald.

Meine Geschichte:
Am Silvester-Nachmittag 2000 kam ich im Krankenhaus Bregenz als völlig gesunder „Steinbock“-Junge zur Welt.
Als allerdings nach einigen Tagen mein erster Stuhlgang immer noch ausblieb und ein Einlauf keinen Erfolg brachte, wurde ich in die Kinder-Spezialabteilung nach Innsbruck verlegt. Dort musste ich notoperiert werden. Es wurde meinen Eltern mitgeteilt, daß ich fast keine Überlebenschance hätte. So blieb ich lange Zeit auf der Intensivstation und meine Familie entschloß sich zur Nottaufe. Entgegen aller Prognosen erholte ich mich aber. Es waren einige Operationen notwendig und ich hatte viele Rückfälle zu überstehen.
Weil ich auch immer wieder eine Sepsis erlitt, wollten mich die Ärzte in Innsbruck nicht nach Hause lassen. Meine Oma sprach dann mit dem Primar vom Krankenhaus, der sich bereit erklärte mich zu übernehmen, wenn die Ärzte aus Innsbruck ihr Einverständnis geben würden.
Im Februar 2002 (nach über einem Jahr Aufenthalt in Innsbruck) wurde ich endlich im Krankenhaus Dornbirn aufgenommen, dort blieb ich bis Dezember 2002. Da sich mein Gesundheitszustand im Herbst immer verschlechtert, war es nicht sicher, ob ich Weihnachten zu Hause verbringen dürfte. Weil meine Oma aber lernte, mir die Nahrung über einen Port zuzuführen, durfte ich am 23. Dezember 2002 dann doch heim zu meiner Familie. Mama und meine Oma haben mich dann langsam ans Essen gewöhnt und mit zwei Jahren konnte ich das erste Mal eine Breimahlzeit zu mir nehmen. An was ich mich sehr gerne erinnere, ist mein erster Urlaub! Letztes Jahr habe ich 6 Tage mit Oma und Opa im Sporthotel Achensee verbracht. Das ist ein Kinderhotel und ich konnte dort schwimmen und mit dem Golfwagen herumfahren. Es war super!

Ein ganz normaler 24-Stunden-Tag in meinem Leben:
05.30 Aufstehen! Ich bin ganz leise, damit ich Oma nicht aufwecke und ein wenig fernsehen kann.
06.30 Jetzt steht Oma auf. Frühstück gibt es keines, weil ich morgens keinen Hunger habe und mich gleich für den Kindi fertig mache.
07.30 Im Kindi erwarten mich Tante Ilse und Tante Eva schon und natürlich die anderen Kinder.
11.30 Oma holt mich vom Kindi ab. Dann gibt‘s Mittagessen und bald kommen Claudia und Susanne von der mobilen Kinderkrankenpflege.
14.00 So nun ausruhen – Zimmerpause! (was ich aber manchmal leider nicht lange aushalte)
16.00 Jetzt geht‘s zum Spielen. Aber eigentlich freue ich mich sowieso schon auf´s Fernsehen…
17.00 Zeit zum Schlafengehen – leider! Oma und Opa bringen mich ins Bett. Das war ein schöner Tag mit meiner Familie.

...Anna
Ich wohne mit meinen Eltern und meinem großen Bruder Felix in Vorarlberg
Anna besucht die Integrationsklasse

Meine Hobbies:  Kochen helfen, singen, lesen, in die Schule gehen, schwimmen, lachen, telefonieren, SMS schreiben…
Ich mag nicht: alleine sein
Ich fürchte mich vor: Katzen

Die Diagnose:
Semilobäre Holoprosencephalie, Balkenagenesie, spastische beinbetonte Tetraplegie, allgemeiner Entwicklungsrückstand

Meine Geschichte:
Schon in der 24. Schwangerschaftswoche wurde bei mir im Rahmen einer Mutter-Kind-Pass Untersuchung eine Gehirnmissbildung festgestellt und eine massive Behinderung vorausgesehen. Es lag eine medizinische Indikation zum Schwangerschaftsabbruch vor. Trotzdem entschieden sich meine wunderbaren Eltern für mich.
Bereits im Säuglingsalter wurde mit Therapien begonnen. Ich lernte schnell lachen und schon früh reden. Meine emotional geistige Entwicklung war erstaunlich, meine intellektuelle stark verzögert. Defizite zeigten sich vor allem im motorischen Bereich.
Mit drei Jahren besuchte ich die Spielgruppe, mit vier den Kindergarten und mit sieben Jahren wurde ich eingeschult. Immer war ich integriert. Heute kann ich lesen, am Computer schreiben und bis fünf rechnen. Ich bin auf den Rollstuhl angewiesen und auf Hilfe beim Anziehen, Wickeln, Frisieren, Spielen, Essen … Trotz allem bin ich ein Sonnenschein für alle, die mich kennen, sagt meine Familie. Und ich glaube ihnen gerne.
Therapien und Hilfsmittel sind Schienen (Tag und Nacht) zur Korrektur und Stabilisierung, Physio- und Reittherapie, Schwimmen.
Dazu soll ich jeden Tag Rad fahren, regelmäßig im Stehständer stehen und mit dem Rollator gehen, um meine Mobilität zu erhalten und zu fördern. Orthopädisch bin ich in der Kinderklinik in Aschau, Nähe Chiemsee, betreut, wo ich auch operiert wurde und werde, da mir immer wieder neue Schienen angepasst werden müssen.
Heuer durfte ich mit in die Camargue zur Reittherapiewoche fahren.
Der Einbau eines Treppenliftes daheim verschafft mir endlich mehr Mobiltät im Haus.

Ein ganz normaler 24-Stunden-Tag in meinem Leben:
06.15 Selten werde  ich geweckt, meistens wecke ich den Rest der Familie, indem ich an die Wand klopfe. Ich freue mich schon auf die Schule. Die Nachtschienen und die Windel werden ausgezogen, ich werde aufs WC getragen, gewaschen und angezogen. 
07.00 Frühstückt im Stehständer. 
07.20 Ich werde noch einmal aufs WC getragen, gewickelt und gekämmt, die Jause wird gerichtet, die Schultasche gepackt und um…
07.45 … ist Abmarsch in die Volksschule, meistens mit Mama. In der Integrationsklasse bin ich von den beiden Lehrern bestens betreut.
12.00 Die Schule ist aus, ich werde wieder abgeholt.
12.30 Daheim stehe ich wieder im Stehständer und helfe Mama beim Fertigkochen und Aufdecken. Auch beim Mittagessen stehe ich. Mama oder Papa schneiden und helfen beim Essen.
13.30 Jetzt muss ich gewaschen, wieder aufs Klo gesetzt und gewickelt werden.
Nachmittag, wenn Schule ist, bringt mich jemand hin und holt mich wieder ab. Nach der Schule – oder wenn frei ist früher – werde ich auf mein Therapierad gesetzt und jemand geht mit mir Rad fahren. Je nach Zeit und Möglichkeit werden mir auch noch die Gehschienen angezogen und ich übe das Gehen mit dem Rollator. Zweimal in der Woche fahre ich mit Mama oder Papa zur Physiotherapie. Vielleicht hat auch jemand Zeit zum Spielen mit mir? Nicht vergessen darf ich die Hausübung!
18.30 Abendessen, wieder im Stehständer. Dann fahre ich mit dem Stiegenlift ins Bad. Die Tagschienen werden aus- und die Nachtschienen angezogen, ich werde wieder gewaschen, gewickelt und ins Bett getragen. Wenn ich es schaffe, die Nachtschienen die ganze Nacht zu tragen, wartet am Morgen ein Smily auf mich. Die sammle ich fleißig.

...Marc
Lieblingsspeise: Püree mit Nudeln, Hühnerfleisch und Erbsensalat
Mein größter Wunsch: Gesund werden und wachsen
Was ich einmal werden möchte: Spieletester
Hobbies: Computerspiele, Chatten,...

Die Diagnose:
Juvenile (Jugendliche) chronische Arthritis – genannt Stillsyndrom, die schwerste Form von Kinderrheuma

Meine Geschichte:
Im Alter von 14 Monaten hatte ich hohes Fieber. Plötzlich knickte mein Knie unter dem Gehen ein. Als mir meine Mama zu Hilfe eilen wollte, sah sie, dass es geschwollen war. Nach zwei Wochen erfolgloser Behandlung beim Hausarzt wurde ich ins Krankenhaus eingewiesen. Es folgten viele Untersuchungen (u. a. Lumbalpunktion, Biopsien, Knochenmarksentnahme). Der anschließende Befund war für Mama unfassbar: Innerhalb kurzer Zeit stand fest, dass ich an der schwersten Form von Kinderrheuma litt. Dieser erste Schub hielt 2 Monate an, solange dauerte auch mein erster Aufenthalt im Krankenhaus. Es sollten viele folgen.
Mittlerweile muss ich 3x täglich einen wahren Medikamentencocktail zu mir nehmen. Knochen und Nieren werden dabei in Mitleidenschaft gezogen. Die vielen Mittel, ohne die ich nicht existieren könnte, haben auch andere nachteilige Wirkungen, z.B. belasten sie mein Immunsystem. So muss ich immer ein wenig Distanz zur Umwelt wahren. Aber das hat auch Vorteile: Immerhin wurde ich 9 Schuljahre von ausgesprochen liebenswürdigen und kompetenten Privatlehrern unterrichtet. Und wer kann das schon von seinen pädagogischen Vorbildern behaupten. Und es gibt ein Licht am Horizont: Immer wieder werden mir neue und bessere Medikamente zugeführt, die Linderung und effektive Stärkung bringen.
Meiner Mutter wurde schon bald von der Kinderrheumaklinik Garmisch berichtet, wo wir seit meinem 2. Lebensjahr 2x jährlich für zwei oder mehrere Wochen – je nach Gesundheitszustand – gastieren. Hier treffe ich meine Freunde. Sie verstehen mich wie niemand sonst (außer meiner Mama), denn auch die anderen Mitpatienten leiden an der selben Krankheit wie ich.
Seit 5 Jahren fahren Mama und ich zudem jeden Sommer für eine Woche auf AKTIV³-Urlaub zur Hippotherapie (mit Pferden) nach Südfrankreich – Carmargue – ans Meer.
Aber auch ich mache nicht 48 Wochen im Jahr Urlaub: Es gibt einen ernsthaften und verantwortungsvollen Beruf, den ich ausübe.

Ein ganz normaler 24-Stunden-Tag in meinem Leben:
10 Stunden pro Woche bin ich für die administrativen Arbeiten in einem Physiotherapie-Zentrum verantwortlich. Das trifft sich bestens, denn in genau dieser vertrauten Umgebung werde ich von meinem Chef regelmäßig therapiert. Es gefällt mir hier sehr gut, deshalb würde ich gerne eine Bürolehre machen. Wenn ich überraschend nicht doch noch Spieletester werde,, beginne ich die Lehre schon im kommenden Jahr.
Und nun zu meinem Tag:
07.00 Aufstehen – Tabletten nehmen, dann noch einmal ins Bett zum fertig Träumen.
07.40 Mama weckt mich zum Frühstück
08.00 Es wird knapp – wir müssen los zur Arbeit.
10.30 Meine Arbeit ist getan, es folgt 1 Stunde Therapie beim Chef
11.30 Mama holt mich ab, dann kocht sie und ich lege mich ein wenig hin
12.30 Zuerst die Tabletten und dann geht´s zu Tisch (Mama kocht am besten!)
13.00 Endlich Zeit für die wesentlichen Dinge: Computer-Spielen und Chatten
15.00 Ein wenig Abewchslung braucht der Mensch: PC, TV, Playstation und Knabbern…
18.00 Wieder die Tablettenration und dann ein feiner Abendschmaus mit meinen Schwestern.
20.00 Spritzen (Wachstumshormon und ein Wundermittel: Enbrel – das hat mir das Leben sehr erleichtert).
22.00 Nachtruhe – aber nur, wenn ich am nächsten Tag wieder im Büro sein muß, sonst wird es sehr späääääääääääät!

Hinweis: Aus Datenschutzgründen wurden im Mai 2018 die Bilder und Namen der real exisitierenden Persönlichkeiten entfernt bzw. geändert.
Die Interviews stimmen aber mit dem wahren Leben der Kinder, z.T. heute schon Erwachsenen, zu 100% überein.
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